Zucker und Salz „on air“ – Radio ZuSa

Video killed the radio star
In my mind and in my car
We can’t rewind we’ve gone too far
Pictures came and broke your heart
Put the blame on VCR*

(The Buggles, 1979)

*VCR = video cassette recorder

Wir schreiben das Jahr 2018 und nein, die Erfindung des Videorekorders war nicht das Ende des Radios. Im Gegenteil – wer weiß heute überhaupt noch, was ein Videorekorder ist? Totgesagte leben ja bekanntlich länger. Und ich behaupte: das Radio lebt! Gut, das mag zumindest für meine Generation noch gelten und ich gehöre ja, wie mich eine liebe Freundin vor kurzem noch erinnerte, zur Generation Walkman und nicht zur Generation Smartphone.

Auf jeden Fall bin ich bekennende Radiohörerin. Da ich ja viel zu Hause bin, läuft das Radio fast den ganzen Tag – außer natürlich, wenn ich mich auf meine Arbeit konzentriere, oder das, was ich derzeit darunter verstehe. Musik spielt in meinem Leben eine wichtige Rolle, und wenn diese dann von kurzweiligen und interessanten Beiträgen unterbrochen wird, ist das perfekt. Auch im Auto ist das Radio für mich der ideale Begleiter. Als ich im vergangenen Jahr als Neu-Lüneburgerin im Auto unterwegs war und mich mal wieder die ewige Werbung auf NDR2 nervte, zappte ich mich durch die Senderliste und stieß auf Radio ZuSa. „Radio ZuSa LG“ stand da auf dem Display meines Radios, und ich war überrascht: ein eigener Sender für unsere kleine Stadt?

Ganz so ist es dann doch nicht. Radio ZuSa ist das Radio für Heide, Elbmarsch und Wendland. Fast eine halbe Million Menschen aus den Landkreisen Lüneburg, Uelzen, Harburg und Lüchow-Dannenberg, aber auch darüber hinaus, können den Sender über drei Frequenzen empfangen. Und über Live-Stream natürlich noch mehr. Aber woher der ungewöhnliche Name? Der setzt sich aus den beiden größten Städten und somit Studiostandorten im Sendegebiet zusammen: Lüneburg ist ja bekanntlich die Salzstadt, Uelzen die Zuckerstadt, wie Du in meinem Beitrag Anfang September lesen konntest. Und so wurde aus Zucker und Salz Radio ZuSa!

Bei Radio ZuSa kann jeder mitmachen

Im Kreis Lüneburg empfängst Du Radio ZuSa auf der Frequenz 95,5 MHz. Vielleicht bist Du, wie ich, auch einmal beim Zappen dort gelandet. Die Moderatoren klingen manchmal nicht ganz so professionell wie die der großen Radiosender. Das hat einen guten Grund: Radio ZuSa macht Bürgerfunk. Auf den Punkt gebracht bedeutet das: Jeder darf hier mitmachen. Bürgerfunk gibt es in Niedersachsen bereits seit 1995. Die Landesmedienanstalt vergibt hierzu die Lizenzen. Entstanden ist das Ganze aus einem Studentenprojekt, erzählt mir Matthias Dworschak, der seit 2006 das Lüneburger Studio leitet. Und so ist es nicht verwunderlich, dass sich das Studio bis heute in einem Gebäude der Leuphana-Universität befindet. Ich durfte ihn dort besuchen und sogar einen Blick ins Studio werfen.

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Studioleiter Matthias Dworschak am alten Mischpult.

Es begann mit dem Lüneburger Studentenprojekt „Grundrauschen“. In Uelzen gab es ein ähnliches Projekt. Gemeinsam bewarb man sich um die Frequenzen, und so ging 1997 Radio ZuSa an den Start. Die Landesmedienanstalt macht gewisse Vorgaben für den Bürgerfunk. Zum einen sollen lokale Themen abgedeckt werden. Das passiert auf Radio ZuSa in erster Linie in den beiden täglichen Lokalmagazinen „Extrawach“ (Mo. – Fr. 6.00 – 10.00 Uhr, Sa. 7.00 – 9.00 Uhr) und „Happy Hour“ (Mo. – Fr. 16.00 – 18.00 Uhr). Diese Sendungen werden von professionellen Moderatoren moderiert. Die andere wichtige Aufgabe des Bürgerfunks ist es, allen interessierten Bürgern Zugang zum Rundfunk zu gewähren und lokale Medienkompetenz zu vermitteln.

VHS-Seminar bereitet vor

Theoretisch darf also jeder mitmachen, aber natürlich gibt es auch hier ein paar Spielregeln. Werbung ist nicht erlaubt – das gilt generell für Radio ZuSa, was ich sehr angenehm finde. Auch politische Statements sind verboten. Der Musikgeschmack unterliegt aber keinerlei Zensur – erlaubt ist, was gefällt. Die notwendige Kompetenz können Interessierte zweimal jährlich bei einem Wochenendseminar erwerben, das in Kooperation mit der Volkshochschule Lüneburg (VHS) angeboten wird. Die Teilnahme am Seminar ist aber keine Bedingung. Wer sich den Umgang mit der Technik zutraut, wird auch so – nach einer kurzen Einweisung vor Ort – ans Mischpult gelassen. Notwendig ist aber auf jeden Fall ein Sendekonzept, das Du vorher einreichen musst. Und was Du wissen musst: Du darfst zwar machen was Du willst – bist aber auch ganz alleine für den Inhalt Deiner Sendung verantwortlich!

Einer, der das Seminar bei der VHS absolviert hat und seit einigen Monaten seine eigene Sendung hat, ist Detlef Meyer. Ich lernte Detlef im März beim Stammtisch der Lüneburger XING-Gruppe kennen und er erzählte mir von dem Seminar und seinem Sendekonzept. Seitdem versuche ich, wenn irgendwie möglich, seine Sendung regelmäßig zu hören. Denn musikalisch gefällt mir das Programm von „Relax & Enjoy“ mit entspannter Musik aus den Bereichen Smooth-Jazz, Chillout und Lounge ganz gut. Dazu liefert Detlef immer interessante Hintergrundinformationen zu den Künstlern. Vielleicht magst Du ja am kommenden Dienstag, den 18. September um 21 Uhr einmal einschalten.

Meine eigene Radiosendung – das ist verlockend!

Ich muss zugeben, seit ich selbst im Studio war, habe ich auch ein wenig Blut geleckt. Leider kollidierte das vorige Seminar mit meinem Urlaub. Einmal DJ auf einer großen Veranstaltung sein – das war ja immer mein Traum. Aber auch bei einer Radiosendung könnte ich endlich mal nur „meine“ Musik spielen. Und eine Sprecherausbildung habe ich ja auch. Über das Konzept muss ich noch einmal nachdenken.

Radio ZuSa verfügt derzeit über zwei Studios mit sendefähigen Mischpulten, wobei das eine allerdings bereits etwas in die Jahre gekommen ist. Studioleiter Matthias Dworschak, gebürtig aus Nordhessen, kam selbst als Student zum Radio. Er begann mit einem Volontariat und der Musiksendung „CanGuru“. Die Sendung, die sich dem Indie-Rock und -Pop widmet, moderiert Matthias bis heute, Studioleiter in Lüneburg ist er seit 2006. Beim Moderieren gibt es einiges zu beachten, erklärt er mir: Die Texte müssen in einer einfachen Sprache verfasst sein, so dass der Hörer gut folgen kann. Eine angenehme und verständliche Sprechstimme sollte selbstverständlich sein – aber das Sprechen vor dem Mikrophon will gelernt sein, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Es mag aber auch Naturtalente geben.

Abwechslungsreiche Musik und interessante Magazine

Was genau passiert zu den Sendezeiten außerhalb der beiden Lokalmagazine? Hier gibt es tatsächlich einige Perlen des Bürgerfunks zu entdecken. Am besten schaust Du mal in den Programmkalender. Da gibt es zum einen Sendungen, die sich – wie „CanGuru“ und „Relax & Enjoy“ – bestimmten Musikrichtungen widmen. Aber auch „Wortsendungen“ stehen auf dem Programm. So meldet sich beispielsweise mit der Sendung „Auf Kurs“ die VHS regelmäßig zu Wort. Bei „Fit und Gesund“ geht es in Zusammenarbeit mit Ärzten, Heilpraktikern und Apotheken aus dem Sendegebiet um Ernährungs- und Gesundheitsthemen. Besonders beliebt sei das Feuerwehrmagazin „Florian ZuSa“, erzählt Matthias. Manche Sendungen erscheinen im Zweiwochen-Rhythmus, andere alle vier Wochen. Freie Programmplätze werden mit „ZuSa Pur – Musik nonstop“ gefüllt, und das für meinen Geschmack ziemlich gut. „Statt Mega- und Superhits gibt es hier echte Abwechslung“, verspricht die Musikredaktion. Hier hörst Du wirklich manchmal Sachen, die Du sonst selten auf den großen Radiosendern findest, wo sich ja ehrlich gesagt doch alles ziemlich oft wiederholt. Gerade gestern habe ich mal wieder den Test gemacht und kam in den Genuss von außergewöhnlichen Songs wie „Big in Berlin“ und „Container Love“  – großartig!

Insgesamt ungefähr 70 Personen – festangestellte und freie Mitarbeiter, Laien und Profis, umfasst das Radio ZuSa-Team. Ich habe meinen Besuchstermin so gewählt, dass ich auch gleich einen echten Profi im Studio kennenlernen darf: Kirsten Rinke ist eine erfahrene Radiofrau. Sie moderiert seit sieben Jahren regelmäßig die „Happy Hour“ und gelegentlich auch „Extrawach“. Sie lässt sich durch meine Anwesenheit im Studio überhaupt nicht stören. Wir plaudern, während im Hintergrund die Musik läuft. Zwischendurch setzt sie die Kopfhörer auf und spricht einen kurzen Text. Das geht aber natürlich nur mit guter Vorbereitung. „20 Minuten Sprechzeit bedeuten sechs Stunden Arbeit“, verrät sie mir. Und sie weiß wovon sie spricht, denn sie moderiert beispielsweise auch das oben erwähnte „Fit und Gesund“. Auch das Magazin „50Plus“ ist ihr Projekt. Akquirieren, Vorbereiten, Moderieren und Schneiden – all das gehört zu ihren Aufgaben als Moderatorin. Mit ihrer angenehmen und ruhigen Sprechstimme ist Kirsten Rinke auch als Sprecherin für Hörbücher und Audioguides gefragt.

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Kirsten Rinke moderiert gutgelaunt die Happy Hour.

Da Radio ZuSa werbefrei ist, muss das Ganze irgendwie finanziert werden. Als Bürgerradio erhält der Sender Zuschüsse von der Landesmedienanstalt sowie den Kommunen. Das reicht aber nicht aus um beispielsweise das Studio samt Technik zu unterhalten, feste und freie Mitarbeiter zu bezahlen und junge Redakteure und Moderatoren auszubilden. Daher gibt es darüber hinaus einen Förderverein, der sich selbstverständlich über neue Fördermitglieder freuen würde. Auch Einzelspenden werden gerne genommen.

Falls Du einmal live dabei sein möchtest, wenn eine Radiosendung produziert wird, hast Du dazu am morgigen Samstag, den 15. September im Museum Lüneburg die Gelegenheit. Von 13 bis 15 Uhr ist Radio ZuSa vor Ort und nimmt im Foyer und in der Ausstellung eine Sendung auf. Der Eintritt ist übrigens an diesem Tag dank des Kulturpaten, der Firma Nordson Engineering, wieder einmal frei.

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2 Kommentare zu „Zucker und Salz „on air“ – Radio ZuSa

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