Als ich 2008 von Krefeld (250.000 Einwohner) nach Hamburg (1,8 Mio. Einwohner) zog, war ich fasziniert von der Großstadt. Voller Begeisterung und Neugier stürzte ich mich in das Großstadtleben, besonders in das kulturelle. In großen Hallen sah ich Künstler, die sich niemals nach Krefeld verirrt hätten. Ich besuchte Musicals und sah im Theater Schauspieler aus der Nähe, die ich bisher nur vom Fernsehen kannte. Meinen Stadtteil Barmbek beachtete ich nur wenig. Die Entscheidung, nach Barmbek zu ziehen, war eher pragmatischer Natur gewesen: nicht zu weit von der Innenstadt, gute Verkehrsanbindung, (damals noch) bezahlbare Mieten. Erst als ich 2016 begann, für das Hamburger Wochenblatt zu arbeiten, fing ich an, meinen Stadtteil so richtig zu erkunden. Und stellte fest, wie viel hier los ist: Musik, Theater und Comedy im Bürgerhaus, in der Zinnschmelze, in der BURG, im Theater an der Marschnerstraße. Häufig Laientheater oder unbekanntere Musiker, aber dennoch ziemlich oft auf hohem Niveau! Vor allem spürst Du bei diesen Künstlern noch die echte Begeisterung und die Nähe zum Publikum.
Mittlerweile meide ich große Hallen. Alleine für Musicals muss es manchmal das Original in Hamburg sein. Aber ansonsten: was bringt es mir, wenn ich in der O2-World (oder wie auch immer die mittlerweile heißt?!) in Reihe 95 sitze und Ina Müller als kleinen Punkt vorne auf der Bühne beziehungsweise auf der Leinwand sehe?
Lüneburg hat ungefähr so viele Einwohner wie Barmbek. Und was kann die Kulturszene?
Immerhin war ich schon einmal im Theater, der nächste Besuch steht im Dezember an. Auch in der KulturBäckerei war ich bereits zu Theatervorstellungen und Ausstellungen. Am vergangenen Wochenende habe ich mir zum ersten Mal im Programmkino Scala einen Film angesehen (Victoria & Abdul – absolut empfehlenswert!!). Ein Besuch im Filmpalast steht noch aus. Im Salon Hansen war ich schon mehrmals zu Lesungen und Comedy-Veranstaltungen. Und die Musikszene werde ich am folgenden Wochenende dann einmal unter die Lupe nehmen: am 4. November steigt die Nacht der Clubs. Als ich in der LZ davon las, war ich doch überrascht, wie viele ich davon schon kenne. Und auch die wenigen fehlenden waren schnell identifiziert.
Livemusik in Lüneburger Clubs und Kneipen
Das Konzept: Du zahlst (im Vorverkauf) 7 Euro (an der Abendkasse 10 Euro) und hast Zutritt zu 14 Lüneburger Clubs und Kneipen, in denen ab 21 Uhr Livemusik stattfindet (Einlass ab 20 Uhr). Bereits zum 13. Mal findet dieses kulturelle Großereignis statt. Im vergangenen Jahr wurden 3.181 Tickets verkauft, berichtet die LZ. Alle Künstler stammen aus Lüneburg und Umgebung (da zählt dann auch Hamburg dazu….), manche sollen wahre local heroes sein. Für jeden Musikgeschmack ist etwas dabei: von Pop bis Rock über Soul und Funk bis Jazz. Auf der Lüneburg Tourismus Seite findest Du einen sehr guten Überblick über alle Locations und Künstler. Alle 14 Acts kann man natürlich nicht schaffen an einem Abend, also suchst Du Dir am besten im Vorfeld Deine Favoriten aus. Oder vielleicht nutzt Du auch einfach die Gelegenheit, Dir mal ein Lokal anzuschauen, das Du noch nicht kennst? Auch hier ist die überschaubare Größe von Lüneburg ein Vorteil: Alle Veranstaltungsorte befinden sich in einem Radius von weniger als einem Kilometer um das Rathaus, sind also fußläufig zu erreichen. Einzige Ausnahme: das Brauhaus Nolte auf der Dahlenburger Landstraße 102. Dennoch lohnt sich auch gerade hier ein Besuch, nicht nur wegen des leckeren selbstgebrauten Biers. Denn hier gibt es gleich drei Live-Acts zu sehen, daher geht es auch bereits um 19.30 Uhr los. Mit dem Fahrrad schaffst Du die zweieinhalb Kilometer vom Rathaus aus schnell und unkompliziert.

Worauf bin ich besonders neugierig?
Apropos neugierig: so heißt auch eine der Bands. Die Truppe, die aus ehemaligen Mitgliedern zweier Lüneburger Top-Cover-Bands besteht, tritt im Schallander am Stintmarkt auf. Die Lüneburg-Hymne mit Punk-Akzent oder Mendocino mit Rockgitarre? Das verspricht auf jeden Fall gute Unterhaltung! Mit viel Humor wird es sicherlich auch Bernd Begemann angehen lassen, der seinem Ruf als Entertainer und Charmeur alle Ehre machen will. Seine Konzerte (Stichwort: Hamburger Schule) sollen aber auch musikalische Highlights sein und selten unter drei Stunden dauern. Wenn Du an dem Abend noch weitere Auftritte sehen möchtest, musst Du Chandler’s Coffee An der Münze wohl früher verlassen.

Auf der Website von Tina & The Troupers, die in der Krone (Heiligengeiststraße) auftreten, habe ich mir einen Song angehört und war sofort begeistert: das ist Akustik-Musik vom Feinsten, größtenteils Cover von Songs der 70er und 80er Jahre.
Nicht so meins – aber vielleicht Deins?
Für Homefield Four, die ihre Songs mit Schwerpunkt Rockmusik der 70er Jahre im September, Auf dem Kauf, präsentieren, fühle ich mich dann doch noch ein bisschen zu jung. Abgesehen davon, dass Rock nicht so mein bevorzugtes Genre ist. Entsprechend werde ich wohl auch Hardrock von Rebels‘ Reunion im Rock Café kasa in der Haagestraße auslassen. Rock ist auch die Spezialität von What’zz Up, die im Café Klatsch, Am Springintgut, auftreten.
Noch mehr tolle Acts – wie soll ich mich da bloß entscheiden?!
Zeitgenössische Musik der 50er Jahre mit Gitarre, Kontrabass und Schlagzeug, das klingt wiederum spannend. Daher steht das Café Central in der Schröderstraße mit den Hot Birds auf meiner Liste, zumal ich die Location noch nicht kenne. Noch mehr Evergreens verspricht die Frank & Dean Show in der BarBarossa, Untere Schrangenstraße, mit Hits von Frank Sinatra und Dean Martin. Außerdem gibt es dort leckere Cocktails 🙂
Etwas ganz Besonderes ist die Musik von Danube’s Banks (Titelbild), die in der Ritterakademie, Am Graalwall, auftreten: eine Mischung aus Gypsy Swing, Balkan Beats und Klezmer (jüdische Volksmusik). Die Band kommt aus Hamburg und hat regelmäßig Auftritte in ganz Deutschland. Ben Boles hingegen ist ein echter Lokalmatador, den ich mir unbedingt mal anschauen muss. Sein Name ist mir eigentlich als Lünepost-Redakteur geläufig und bei der Vorausscheidung der Lünepost-Karaoke in diesem Jahr saß er in der Jury, also ein echtes Multitalent. Er steht im blaenk an der Lünertorstraße auf der Bühne, eine der drei Locations, die zum ersten Mal dabei sind. Neu dabei ist auch Frido’s Wine und Coffee in der Schröderstraße, wo Heart Ink auftreten, eine Lüneburger Band mit amerikanischen Singer-Songwriter-Einflüssen.

Im Salon Hansen , Salzstraße/Auf der Altstadt, gibt es deutsch-französischen HipHop mit Einflüssen aus Rock, Pop und Reggae mit der Band Passepartout– auch das klingt vielversprechend. Gleich schräg gegenüber präsentiert die Band Best of Luck im Anno 1900 Rock und Pop mit einem Schuss irischer Mentalität. Last not least, im Brauhaus Nolte kannst Du den Abend bereits um 19.30 Uhr mit Vinyl Café beginnen. Was das ist? Darüber lässt sich keiner so richtig aus, aber es muss wohl was mit Schallplatten zu tun haben…. Um 21 Uhr folgen dann Monoklub, die britisches Songs der 60er Jahre mit deutschen Texten präsentieren, und den Abschluss macht ab 22 Uhr die Lucky Star Club Band. Auch hier sollen die 60er Jahre aufleben.
Puh, ich sehe schon, es wird gar nicht so einfach, sich zu entscheiden. Aber es gibt eine Menge zu entdecken. Langeweile sollte jedenfalls keine aufkommen. In diesem Sinne: Viel Spaß bei der 13. Nacht der Clubs in Lüneburg!
P.S. Falls Du nach diesem Abend noch weiterfeiern willst: Im Salon Hansen und in der Ritterakademie finden Aftershow-Parties statt.

Alle Fotos wurden mir freundlicherweise von der Lüneburg Marketing GmbH zur Verfügung gestellt. Herzlichen Dank dafür!