Lüneburg, meine neue Perle

Liebes Hamburg,

Du musst jetzt ganz stark sein. Wir hatten wirklich eine gute Zeit zusammen. Du hast mich vor neun Jahren mit offenen Armen aufgenommen. Dennoch müssen sich unsere Wege jetzt leider trennen. Ich habe eine andere. Ja, Du bist die schönste Stadt der Welt, das will niemand bestreiten. Aber Du bist mir zu groß geworden. Zu voll und zu laut. Vielleicht liegt es auch an mir, schließlich bin ich nicht mehr die Jüngste.

Ich hoffe, es ist Dir ein Trost, dass meine Neue nur 50 Kilometer von Dir entfernt liegt. Ich werde Dir also sicher ab und an einen Besuch abstatten. Und eine Hansestadt ist sie auch, das ist doch schon mal was. Okay, Du hast es sicher schon erraten: Ihr Name ist Lüneburg.

Sie hat nur ungefähr 75.000 Einwohner. Das sind so viele wie Barmbek-Nord und –Süd zusammen, mein ehemaliger Kiez. Aber seien wir doch mal ehrlich: wie oft habe ich den wirklich verlassen? Und sie ist wirklich wunderschön, geradezu malerisch. Dabei wirkt sie überhaupt nicht kleinstädtisch oder gar dörflich. Dafür sorgen schon die vielen Studenten, die das Stadtbild beleben. In der Stadt finde ich alles an Geschäften, was ich brauche. Vor allem gibt es hier noch einige ganz zauberhafte kleine Läden mit persönlichem Flair. Und bis ich alle Restaurants und Cafés ausprobiert habe, die mich interessieren, wird es wohl eine ganze Weile dauern. Dabei habe ich jedes Mal, wenn ich in die Innenstadt gehe, das Gefühl, ich bin im Urlaub. Gut, das zieht natürlich auch den einen oder anderen Touristen an, aber davon kannst Du ja auch ein Lied singen.

Wir – verzeih mir, dass ich mich hier nach fünf Monaten schon so heimisch fühle – haben zwar keine Elphi, aber eine Leuphi. Bei dem Neubau der Leuphana-Universität wurden der Zeitplan und das Budget nicht ganz so weit überzogen wie bei der Elbphilharmonie, bei uns ist eben alles ein bisschen kleiner. Du hast mit dem Großstadtrevier wirklich eine tolle Vorabendserie im Ersten. Wir haben dafür die Roten Rosen. Das ist zwar „nur“ eine Telenovela im Nachmittagsprogramm, die läuft allerdings ebenfalls im Ersten, und bereits seit fast elf Jahren an fünf Tagen die Woche.

Wir haben auch ein Theater – ja, nur eins, aber das hat einiges zu bieten. Das kulturelle Angebot in Hamburg sucht natürlich seinesgleichen. Aber auch davon habe ich ja, ehrlich gesagt, nur einen kleinen Teil genutzt. Auch wir haben übrigens ein prachtvolles Rathaus, einige schöne Kirchen und viele andere sehenswerte Bauwerke. Und einen Fluss, die Ilmenau, und, und, und…. Aber ich will gar nicht so angeben, das ist auch nicht die Art von uns Lüneburgern. Sturmfest und erdverwachsen sind die Niedersachsen ja bekanntlich. Nur über die Menschen hier möchte ich doch noch ein Wort verlieren. Es wirkt alles ein bisschen persönlicher und ich habe, den Eindruck, dass die Uhren hier noch anders ticken. Wenn ich einkaufen gehe, werde ich fast immer mit einem freundlichen Lächeln begrüßt und schnell ergibt sich der eine oder andere Schnack. Selbst der DHL-Mann ist hier nicht so gestresst wie in der Großstadt.

Hamburg, meine Perle, ich hoffe, Du kannst mir verzeihen. Ich wünsche Dir für die Zukunft nur das Beste. Bleib lebens- und liebenswert und pass auf, dass Du nicht eines Tages in Hochhäusern versinkst. Wenn Du möchtest, dass die Menschen zu Dir kommen oder dableiben, musst Du definitiv etwas an Deinen Immobilienpreisen und Mieten tun. Lass mal was von Dir hören, aber bitte nicht wieder so, wie zuletzt beim G20-Gipfel.

Deine Ruth Heume

P.S. „Hamburg meine Perle“ von Lotto King Karl ist Kult, das ist nicht zu toppen. Aber ein Lied haben wir auch 🙂

3 Kommentare zu „Lüneburg, meine neue Perle

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