Der Natur auf der Spur: Stadtökologischer Rundgang in Lüneburg (Teil 1)

Der Herbst ist für mich die schönste Jahreszeit, um draußen unterwegs zu sein. Gerade in diesem heißen Sommer konnte ich mich tagsüber schwer aufraffen, die schattige Wohnung zu verlassen. Temperaturen über 30 Grad liegen definitiv jenseits meines Wohlfühlbereiches. Zum Glück bescherte uns der Herbst in der vergangenen Woche ein paar sonnige Tage mit milden Temperaturen.

Raus in die Natur – beispielsweise mit dem Fahrrad oder zum Wandern in die Lüneburger Heide – ist eine Sache. Aber auch hier bei uns in der Stadt gibt es einiges zu entdecken. Damit Du die Natur vor Deiner Haustüre erforschen kannst, hat das Museum Lüneburg die Broschüre „Stadtökologischer Rundgang in Lüneburg“ herausgegeben. Ich habe mich an einem sonnigen Herbstmorgen auf den Weg gemacht.

Die 48-Seiten starke Broschüre ist wirklich sehr detailliert – dabei aber auch so handlich, dass sie zur Not in die Hosentasche passt. Etwa zwei Stunden solle man für den etwa vier Kilometer langen Weg einplanen, heißt es in der Einleitung. Damit kommt man aber nicht aus, wenn man, wie ich, überall ganz besonders genau hinschaut und sich für ein gelungenes Foto auch einmal etwas mehr Zeit nimmt. Daher habe ich zunächst nur die ersten vier von acht Etappen bewältigt.

Kulturfolger, Ruderalflächen und Trittpflanzen

Die Einleitung in das Thema Stadtökologie habe ich mir in Ruhe zuhause durchgelesen. Ich fand sie recht informativ und interessant. Oder wusstest Du, was Kulturfolger, Ruderalflächen und Trittfpflanzen sind? Natürlich darf auch das Foto eines Wildschweins nicht fehlen. Zum Glück laufen uns diese in und um Lüneburg nur selten über den Weg. Falls Du aber mal eines in Lebensgröße sehen möchtest, empfehle ich Dir die Abteilung „wachsen und gestalten“ im Museum Lüneburg. Dort steht ein stattliches – ausgestopftes – Exemplar. Über das Museum habe ich ja bereits im vergangenen Jahr ausführlich berichtet.

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Blick auf Ratsmühle und Wasserturm von der Museumsterrasse

Der Rundgang beginnt – was nicht überrascht – am Museum Lüneburg. Genau genommen auf der Terrasse, von der aus ich wirklich einen tollen Blick auf die Ratsmühle, den Wasserturm und die St. Johanniskirche habe – und natürlich auf die Ilmenau. Und um Wasser geht es auch an dieser ersten Station. Die Ilmenau, so lerne ich, ist recht sauerstoffreich aber nährstoffarm. Ich schaue immer wieder angestrengt ins Wasser, aber die Bachforellen kann ich leider nicht entdecken. Auch die Flussperlmuschel finde ich nicht – erinnere mich aber daran, dass sie eine ganz besonders interessante Geschichte hat, die im Museum erklärt wird. Überhaupt sehe ich wenig Tiere, bis auf ein paar Enten, die in der Sonne ein Schläfchen halten. Aber das stört mich gerade gar nicht so, denn ich genieße die Sonne und die Schönheit der Stadt um mich herum. Und mir wird gerade einmal wieder sehr bewusst, was ich doch für ein Glück habe, dass ich hier leben darf.

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Die Fischtreppe an der Ratsmühle

Dass die Ilmenau über einige Stauwehre verfügt, war mir nicht neu, denn die Ratsmühle und die Abtsmühle hatte ich ja bereits unter die Lupe genommen. Die Fischtreppe an der Ratsmühle war mir aber tatsächlich bisher entgangen. Du findest sie, wenn Du vom Museum kommend über die Altenbrücker Torstraße gehst und sofort hinter der Brücke links abbiegst. Du gehst dannn unten am Wasser entlang und läufst direkt darauf zu.

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Am Ilmenauufer verfärben sich bereits die ersten Blätter.
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Blick auf die Abtsmühle vom Ilmenauufer

Nach diesem kleinen Schlenker gehe ich zurück zur Brücke und folge der Ilmenau nordwärts  in Richtung Abtsmühle. Es ist zwar schon Ende September, doch die Terrasse von Mama Rosa ist bei diesem herrlichen Wetter vollbesetzt. Ich gehe rechts durch das Tor im Turm und komme auf die Brausebrücke.

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Brausebrücke und Wasserviertel

Auch hier befindet sich gleich am Anfang auf der linken Seite eine Fischtreppe. Die Brausebrücke und das Wasserviertel kennt wahrscheinlich jeder, der schon einmal in Lüneburg war – es ist aber auch wirklich traumhaft schön hier. Ich lasse die Brücke hinter mir und das Hotel Bergström zur Rechten liegen und komme zum Alten Kran. Und – es gibt ja keine Zufälle – platze mal wieder in die Dreharbeiten zum Vorspann der neuen Staffel von Rote Rosen.

 

Von hier aus habe ich einen guten Blick auf den gegenüberliegenden Stintmarkt. Mit seinen zahlreichen Restaurants und Kneipen lockt er tagsüber die Touristen und abends die partywilligen Einheimischen an. Auch heute würde ich wohl kaum ein freies Plätzchen auf den Treppen finden, aber ich habe ja auch etwas anderes im Blick. Obwohl es verlockend ist…..

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Der Stintmarkt

Alter Kran und Stintmarkt bilden die zweite Station des stadtökologischen Rundgangs. Und hier geht es um die ganz kleinen Lebewesen, denen wir häufig keine Beachtung schenken. Lüneburg ist ja bekanntlich voll von Kopfsteinpflaster. Und in den Pflasterritzen wohnen wahre Überlebenskünstler, die sich den widrigen Bedingungen angepasst haben, denn schließlich werden sie ständig mit Füßen getreten.  Neben den Trittfpflanzen finde ich hier auch Pflanzen, die aus Mauerritzen herauswachsen. Von dem älteren Herrn, der gerade seine Frau vor einem Teller Heidschnuckenbraten fotografiert, lässt sich die Mauerraute, ein immergrüner Farn, nicht stören.

 

Die kleinen Pflanzen in Ritzen und Fugen seien wichtig für die Umwelt, lese ich nach. Und ob man zuhause wirklich immer alle Fugen sauber kratzen müsse, solle ich mich fragen. Was wohl unsere Hausgemeinschaft von diesem Vorschlag halten würde?

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Rechts neben der St. Nicolaikirche führt ein kleiner Weg direkt zur Bardowicker Straße.

Über die Lüner Straße geht es nun weiter in Richtung St. Nicolaikirche. Direkt vor der Kirche nehme ich rechts den schmalen Fußweg, um zur Bardowicker Straße zu kommen. Ich überquere die Straße, gehe noch ein kleines Stück rechts an den Häusern und der Straße „An der Bardowicker Mauer“ entlang und nehme dann den zweiten Weg links in den Liebesgrund. Der erste Weg würde mich oben auf dem Wall entlangführen, aber heute möchte ich den Park einmal ganz durchqueren.

Nur wenige Schritte ins Paradies

Und das lohnt sich: nur wenige Schritte entfernt von der verkehrsreichen Bardowicker Straße, und ich bin im Paradies! Völlige Stille und kaum ein Mensch! Ich sehe mich hier schon in Zukunft meine Hunderunden drehen, denn der Liebesgrund ist nicht so weit vom Hanseviertel entfernt wie der Kurpark.

P1100497Der Liebesgrund ist die dritte Station des Rundgangs. Die Parkanlage bildete früher – als Teil des alten Stadtwalls – den Stadtgraben. Der Park liegt daher in einer Art Talkessel und beheimatet einige stattliche und alte Bäume. Die Bedeutung von Grünflächen in Städten wird in der Broschüre ausführlich geschildert. Etwa 20 Vogelarten sollen hier brüten. Im Frühjahr muss es hier noch schöner sein. Oder später im Herbst, wenn die Blätter beginnen, sich zu verfärben. Auch die Broschüre empfiehlt, sich die einzelnen ökologischen Lebensräume zu unterschiedlichen Tageszeiten und Jahreszeiten anzuschauen. Ich bin zugegebenermaßen nicht die große Vogelkundlerin. Umso mehr freue ich mich, wenn ich ein Eichhörnchen sehe. Die machen sich zwar heute hier rar, sind aber meistens sowieso zu schnell für meine Kamera.

 

Die vierte Station des stadtökologischen Rundgangs schließlich befasst sich mit begrünten Fassaden. Einige davon befinden sich in der Straße „Auf dem Meere“. Dazu verlasse ich den Liebesgrund, nachdem ich ihn einmal durchquert habe, am südwestlichen Ende. Dort an der Ecke Hinter der Bardowicker Mauer/Egersdorffstraße steht übrigens auch das Denkmal für das „Heldenmädchen“ Johanna Stegen, deren Geschichte ich im Museum kennengelernt habe.

Begrünte Fassaden Auf dem Meere

Ich folge der Egersdorffstraße ein Stück Richtung Rathaus und biege dann rechts ab in die Straße „Auf dem Meere“. Viel zu selten gehe ich durch diese malerischen Gassen der Altstadt! Abgesehen von den Informationen, die mir die Broschüre liefert, öffnet sie mir heute wieder einmal die Augen für die Schönheit Lüneburgs! Ich muss gestehen, dass schon nach etwas mehr als einem Jahr ein gewisser Gewöhnungseffekt entstanden ist. Ich breche schon jetzt nicht mehr jedes Mal in Entzücken aus beim Anblick der alten Häuser und engen Gassen. Heute aber ist sie wieder da: meine Begeisterung für Lüneburg, die Salz- und Hansestadt an der Ilmenau!

 

 

Auch das Amtsgericht und das Heinrich-Heine-Haus neben dem Rathaus sind herrlich begrünt.

Die schönste Stadt der Welt? Klar, das habe ich in Hamburg auch immer gesagt. Aber man kann ja seine Meinung auch einmal ändern 🙂 Dass am vergangenen Wochenende in Lüneburg die Sülfmeistertage stattfanden, passte jedenfalls perfekt, um diese schöne Herbstwoche abzuschließen. Und als bei der Verbrennung des Kopefasses Am Sande das Lüneburg-Lied gesungen wurde, habe ich aus vollem Herzen mitgesungen.

Ich bin ein Lüneburger
und deshalb weiß ich ganz genau
die schönste Stadt der Welt
liegt an der Ilmenau.

Auf dem Heimweg werfe ich noch einen kurzen Blick in den Rathausinnenhof, in dem noch ein paar späte Rosen blühen.

 

Den zweiten Teil des stadtökologischen Rundgangs findest Du hier.

Falls Du Dich selbst auf den Weg machen möchtest, erfährst Du hier, wo Du die Broschüre bekommst.

3 Kommentare zu „Der Natur auf der Spur: Stadtökologischer Rundgang in Lüneburg (Teil 1)

  1. Der Artikel macht wirklich Lust auf einen Spaziergang in Lüneburg! Besonders gut hat mir übrigens der Tipp zu den Pflaster-Fugen gefallen 😉 Werde ich beherzigen…

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